Die Monopolkommission hat heute ihr Sondergutachten zum Wettbewerb in der Lebensmittellieferkette veröffentlicht und zentrale Empfehlungen vorgelegt. Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin und Vorsitzender der Monopolkommission, äußert sich dazu wie folgt:
Die Lage auf den Lebensmittelmärkten zeigt deutlich, dass sich die Machtverhältnisse seit Jahren verschieben. Die Konzentration im Einzelhandel und teilweise auch bei den Herstellern hat ein Ausmaß erreicht, das strukturelle Marktverzerrungen begünstigen kann. Wenn wenige große Handelsunternehmen rund 85 Prozent des Marktes kontrollieren und ihre Aktivitäten zunehmend auf die vorgelagerten Stufen ausdehnen, geraten kleinere Hersteller und landwirtschaftliche Betriebe zunehmend unter Druck. Künftig müssen Zusammenschlüsse entlang der gesamten Lieferkette konsequenter geprüft werden – und nicht erst auf der letzten Handelsstufe.
Die wachsende Konzentration der Lebensmitteleinzelhändler und Hersteller und deren steigende Preisaufschläge und Gewinnmargen gehen oft zulasten der Verbraucher*innen. Tatsächlich sind die Endverbraucherpreise für viele Produkte in Deutschland stärker gestiegen als in allen anderen EU-Ländern. Landwirtschaftliche Betriebe profitieren oft kurzfristig von steigenden Preisen, bekommen aber langfristig weniger vom Kuchen ab. Um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, müssen wir aus der Vergangenheit stärker lernen. Systematische Evaluationen können zeigen, wo die Durchsetzung von Wettbewerbspolitik und Regulierung nachgeschärft werden muss.
Gleichzeitig brauchen wir eine wirksamere Kontrolle gegen Machtmissbrauch. Viele Landwirt*innen und kleinere Hersteller scheuen Beschwerden aus Sorge vor Nachteilen und Auslistung – der Angstfaktor ist groß. Eine konsequentere Durchsetzung existierender Regeln durch Bundeskartellamt und Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung wäre ein wichtiger Schritt, um Wettbewerbsdruck zurückzubringen und Marktprozesse zu stabilisieren.
Die Landwirtschaft erlebt seit vielen Jahren einen Strukturwandel, der sich nicht aufhalten lässt – aber wir können ihn besser gestalten. Wenn landwirtschaftliche Betriebe langfristig bestehen sollen, müssen wir die Wettbewerbsbedingungen auf der Kostenseite verbessern. Weniger Bürokratie, zielgerichtete Förderungen und eine stärkere Ausrichtung der Subventionen an Produktivität, Innovation und Nachhaltigkeit würden nicht nur Effizienz fördern, sondern auch kleinere Betriebe stärken.
Die Abteilung Makroökonomie analysiert gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge mit empirischen und theoretischen Methoden. Die Forschungsarbeiten der Abteilung ordnen sich den drei Themenbereichen Konjunkturpolitik der europäischen Währungsunion, Makroökonomie und Verteilung und Makroökonomische Aspekte des Klimawandels zu. In den Forschungsarbeiten werden Modelle entwickelt und Datensätze generiert. Die Forschungsergebnisse bilden die Grundlage für die Infrastruktur der Prognose und Politikberatung. So fließen die Ergebnisse direkt in die Prognosen des DIW Berlin und die Gemeinschaftsdiagnose ein.
Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir für ein Projekt im Bereich „Konjunkturprognose“ eine*n Wissenschaftliche*n Mitarbeiter*in (w/m/div) (für den Zeitraum 1. Januar 2026 bis 30. Juni 2026, Teilzeit mit 75% der regulären Arbeitszeit).
Am Montag startet die UN-Klimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém. Zuvor kommen bereits viele Staats- und Regierungschefs zu einem zweitägigen Gipfeltreffen zusammen. Energieexpertin Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin, kommentiert den Klimagipfel wie folgt:
Nach einem halben Jahr schwarz-rote Bundesregierung ist klar: Die deutsche Klimapolitik braucht mehr Mut, Tempo und Weitsicht. Statt entschlossener Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz erleben wir Rückschritte und Verzögerungen. Das hat auch der jüngste Stahlgipfel gezeigt, bei dem die Dekarbonisierung fast keine Rolle spielte. Der Fokus liegt zu sehr auf fossilen Übergangslösungen, anstatt die Chancen einer konsequenten Transformation zu nutzen. Dabei ist genau das jetzt entscheidend – für Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit.
Die COP30 in Belém ist ein entscheidender Moment: Dort müssen die Länder zeigen, dass sie das Pariser Abkommen, das vor genau zehn Jahren verabschiedet wurde, ernst nehmen. Im Vorfeld hat aber die EU ihr Klimaziel bereits abgeschwächt und Verantwortung durch die Möglichkeit, Emissionsgutschriften von Drittstaaten zu kaufen, ausgelagert. Was wir stattdessen brauchen, sind konkrete Zusagen für den weltweiten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas – und eine deutliche Stärkung der internationalen Klimafinanzierung, damit auch Länder des Globalen Südens ihre Energiewende voranbringen können. Deutschland sollte dabei eine aktive, glaubwürdige Rolle übernehmen und zeigen, dass eigenverantwortlicher Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und globale Solidarität zusammengehören.
Wir wissen, was zu tun ist – jetzt braucht es politischen Willen und internationale Kooperation. Die Zukunft gehört den Friedensenergien: erneuerbar, gerecht und unabhängig.
Das DIW Berlin engagiert sich aktiv für die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern und kontinuierlich daran, Benachteiligungen zu verhindern. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein fest verankertes institutionelles Ziel, das in internen und externen Dokumenten wie der Satzung, dem Frauenförderplan und Betriebsvereinbarungen verankert ist. Dabei richtet sich das DIW Berlin nach den Rahmenempfehlungen zur Geschlechtergleichstellung der Leibniz-Gemeinschaft sowie der Ausführungsvereinbarung Gleichstellung (AV Glei) der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK). Die Gewährleistung von Umsetzung, Einhaltung und Aktualisierung gleichstellungsspezifischer Belange obliegt der Gleichstellungsbeauftragten.
Die Gleichstellungsbeauftragten des DIW Berlin suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt
eine*n Praktikant*in (w/m/d)
(bis zu 19,5 Wochenstunden)
Die Monopolkommission hat heute ihr 10. Sektorgutachten Energie veröffentlicht und zentrale Reformen für Strom-, Ladeinfrastruktur, Fernwärme- und Gassysteme empfohlen. Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin und Vorsitzender der Monopolkommission, äußert sich dazu wie folgt:
Die aktuelle Debatte über hohe Strompreise zeigt einmal mehr, dass die Bekämpfung von Symptomen allein nicht ausreicht. Wir stehen vor grundlegenden Veränderungen im Strommarkt, deren Erfolg maßgeblich von der erzielten Effizienz abhängt. Nur wenn Preis- und Kapazitätssignale richtig gesetzt werden, können Verbraucher*innen und Unternehmen langfristig von niedrigen Systemkosten profitieren. Doch bislang fehlen oft die richtigen Anreize für ein Verhalten, das das Netz entlastet. Derzeit stoßen Netze an ihre Belastungsgrenzen und günstige erneuerbare Energien müssen abgeregelt werden. Abhilfe schaffen würden Preise nach Netzknoten oder Zonen – oder zumindest dynamische Netzentgelte. Solche variablen Preise sowie eine durchgreifende Digitalisierung könnten einen strukturellen Wendepunkt markieren. Die Frage ist, ob Politik und Behörden bereit sind, diesen Weg konsequent zu gehen.
Auch bei der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität zeigt sich ein strukturelles Problem. Die Direktvergabe zahlreicher Standorte – vor allem entlang der Autobahnen – birgt das Risiko lokaler Monopole und kann die Preise in die Höhe treiben. Fortschritte bei der Preistransparenz sind ein erster Schritt, sie reichen aber nicht aus, wenn der Wettbewerb um knappe Flächen ausbleibt. Für eine erfolgreiche Verkehrswende dürfen strukturelle Marktverzerrungen nicht toleriert werden.
In der Fernwärme droht derzeit ein Teufelskreis: Sinkende Konkurrenz durch fossile Alternativen und fehlende Preistransparenz eröffnen den Fernwärmeanbietern Spielräume für überhöhte Preise. Verpflichtende Vergleichsplattformen, eine bürokratiearme Preisregulierung und bessere Zugänge zu den Netzen für Dritte könnten die Kosten dämpfen und gleichzeitig dazu beitragen, die Klimaziele bis 2045 zu erreichen. Die Frage ist nicht, ob Regulierung nötig ist, sondern ob sie rechtzeitig kommt.
Beim Gasnetz wiederum stehen wir vor einem schleichenden Strukturwandel. Ohne klare Stilllegungspläne könnten die verbleibenden Kund*innen oder die Netzbetreiber finanziell stark belastet werden. Es ist daher dringend erforderlich, die Verteilnetze aktiv zurückzubauen, bevor die Kosten explodieren. Nichtstun wäre in diesem Fall die teuerste Option.